Keine Explosion der Preise für Benzin, ÖL und Gas, kein Wirtschaftskrieg gegen Russland

Bei einem Wirtschaftskrieg gegen Russland werden zur Freude aller Erdöl- und Gasproduzenten dieser Welt, nicht aber der Verbraucher, die Preise abheben. Schon deshalb Schluss mit dem Tunnelblick gegen Russland. Eine Lösung muss her.

Von hehren Friedensgesängen sehe ich mal ab, niemand scheint sie hören zu wollen.

Die Bundesregierung sollte es nicht bei der Äußerung ihres Bundeskanzlers gegenüber Herrn Putin vom 15.2.2022 in Moskau belassen, dass die Aufnahme der Ukraine in die NATO quasi eine Phantomdiskussion sei und gar nicht anstünde. Was gibt das dem russischen Präsidenten und wie soll er solches nach der Machterweiterung der NATO um die ehemaligen Mitglieder des Warschauer Paktes einschließlich der drei baltischen Staaten der russischen Öffentlichkeit verkaufen? Alles völlig harmlos, die NATO verteidigte nur, wenn sie mal gebombt hat, zum Beispiel April 1999 in Belgrad die Rundfunk- und Fernseheinrichtungen?

Im Jahr 2008 haben die USA den Nachbarn Ukraine sehr wohl ermutigt, die sofortige Aufnahme in die NATO zu beantragen. Frankreich und Deutschland haben das damals verhindert. Deutschland sollte umgehend und unzweideutig erklären, dass es bei seinem damaligen Veto bleibt.

Die USA haben in aller Klarheit erklärt, dass sie im Falle eines Angriffes von Russland die Ukraine nicht verteidigen werden. Und die Deutschen sollten ohne wenn und aber genauso im eigene Interesse an ihrem Veto festhalten und so die Lage entspannen. Denn Russland wird im Gegenzug zu Sanktionen, so der ehemalige amerikanische Verteidigungsminister James Mattis gestern auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die Energiewaffe dort einsetzen, wo es schmerzt. Der Chef der Sicherheitskonferenz Ischinger stellte dazu die bange Frage, wie wohl deutsche Haushalte reagieren würden, wenn sie ihre Wohnungen nicht mehr heizen können, FAZ 21.02.2022.

Es geht im übrigen nicht um Krieg und Frieden. Niemand will für die Ukraine in den Krieg ziehen. Es geht um die Verhinderung einer Separierung Russlands durch einen Wirtschaftskrieg. Sie kann nicht im europäischen und ganz besonders nicht im deutschen Interesse liegen.

Es entsteht bei mir der Eindruck, dass die USA ihren Gegner Russland gleichsam am langen Arm verhungern lassen wollen und es als Kollateralschaden hinnehmen würden, wenn Westeuropa/ Deutschland dabei leiden müsste.

Ein mit politischen Mitteln zu lösender Interessenkonflikt zwischen den USA und der NATO mit Russland wird zu der Rechtsfrage umfunktioniert, ob die Ukraine einen Antrag bei der NATO stellen darf. Ein unbefangenes Gericht existiert nicht und genüsslich spielen die USA auf Zeit und das Lied von einem Russland, das sich zu einem kriegerischen Abenteuer mit ungewissem Ausgang jederzeit hinreißen lassen könnte. Weshalb ohne die USA nichts läuft.

Und gewollt oder nicht gewollt leidet das Ansehen der Deutschen bei den Russen, die der russische Präsident in ihrer großen Mehrheit zumindest in dieser Sache auf seiner Seite hat.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission von der Leyen hat am 20.2.22 in der Sendung bei Anne Will schon mal offenbart, dass sie „seit Wochen“ für den Fall der Fälle an einem Paket wirtschaftlicher Sanktionen gegen Russland arbeitet. So gewaltig in seiner Wirkung, dass auch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union leiden würden – letzteres wohl gedacht als Beweis für die Ernsthaftigkeit ihrer strategischen Absichten. Russland würde wirtschaftlich separiert, z.B. vom internationalen Zahlungsverkehr (swift) ausgeschlossen werden, so von der Leyen.

Mir kommt ihr Gedröhne in jeder Hinsicht verdächtig vor. Die demokratischen Mitgliedsstaaten der EU sollen oder wollen ihre Bürger leiden lassen? Mit dem angeblich so reichen Deutschland an der Spitze? Zur Klimawende und Energiekrise noch eine so richtig fette Wirtschaftskrise, pardon Aufstockung des zuletzt Genannten?

Hat die Europäische Kommission die Kompetenz zur Vorbereitung eines Wirtschaftskrieges übertragen erhalten? Und wenn ja, sollte die Bundesregierung das nicht sofort nullifizieren? Die Präsidentin schwadroniert. Und pokern kann sie auch nicht. Was kann sie überhaupt, die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin?

Nur ein Punkt ihrer Geschichte, ganz am Ende ihrer strategischen Offenbarung, macht nachdenklich. Und damit bin ich wieder beim Benzinpreis.

Nord Stream 2 soll offenbar unabhängig vom Ausgang der Russlandkrise die Zertifizierung seitens der Europäischen Kommission nicht überstehen. Diversifizierung der Energieversorgung als Lehre aus der Krise zulasten von Russland, lautet so das Zauberwort ? Schluss mit Nord Stream 2 ? Weniger Gas und Öl aus Russland und 3 Euro für den Liter?

Die Bundesregierung sollte schon jetzt, gerade nach dem aufschlussreichen Interview der ehemaligen Verteidigungsministerin, klare Kante zeigen und sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Von wegen Diversifizierung zulasten unseres Geldbeutels.

Was tun? Der Bundeskanzler hat dem Hören nach mit dem Präsidenten der Ukraine vereinbart, dass neben anderem die im Minsker Abkommen vereinbarte Regelung zur Autonomie der beiden Rebellengebiete Donezk und Luhansk im Rahmen einer Verfassungsreform in Angriff genommen wird, nicht irgendwann, sondern umgehend. Das Abkommen kann der Ukraine und Russland helfen, weil es ihnen eine friedliche Koexistenz ermöglicht.

Viel unterstützenden Beifall dafür habe ich von den europäischen Regierungen, die in ihrer vorgeblichen Gemeinsamkeit anscheinend vor Kraft kaum noch gehen können, dafür nicht vernommen. Das deutsche Interesse an der Realisierung des Abkommens sollte ihnen und nicht nur der Ukraine und Russland „verdeutlicht” werden, denn ohne Deutschland „wird das nichts” mit Europa. Wer zahlt sollte auch mit starker Stimme bei jeder Entscheidung seine Interessen versuchen durchzusetzen, geschätzter Bundeskanzler. Deutschland sollte auf friedliche Beziehungen zur Ukraine und zu Russland gegenüber jedermann bestehen, das ist sein Interesse. Oder ganz profan, wir wollen eine preiswerte Energie, bezahlbar für dich und mich und wir lehnen Wirtschaftskriege ab.

Reinhart Zarneckow

5 Gedanken zu “Keine Explosion der Preise für Benzin, ÖL und Gas, kein Wirtschaftskrieg gegen Russland

  1. Anonymous

    Danke für diese Darstellung und die Überlegungen, denen ich uneingeschränkt zustimmen kann. Leider werde ich die Gewissheit nicht los, dass es den USA nicht wirklich um eine Lösung des Konfliktes geht. Deren geopolitisches Interesse, ein starkes Europa unter Einbeziehung Russlands zu verhindern, ist ja sogar nachvollziehbar. Ob es darüber hinaus wirtschaftliche Interessen auch an Investitionen in der Ukraine gibt – früher war auch von einem Engagement von Präsident Bidens Sohn zu hören -, mag dahingestellt bleiben. Nicht nachvollziehbar ist aber die Politik der EU und Deutschlands. Das Lippenbekenntnis, Sicherheit könne nicht ohne, sondern nur mit Russland erreicht werden, steht in einem eklatanten Widerspruch zur törichten und geschichtsvergessenen einseitigen Parteinahme für die ukrainische Regierung. Immer wieder muss in Erinnerung gerufen werden, dass die Nichterfüllung des Minsker Abkommens keineswegs nur an Russland lag, eher im Gegenteil. Die Kriegsrhetorik und das mitunter erschreckend ordinäre Vokabular in der Berichterstattung deutscher Medien sind seit langem erschreckend und machen mich fassungslos.

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    1. reinhart43

      Vielen Dank . Und jetzt sind wir gespannt, wie es weitergeht. Ich hoffe, dass der Bundeskanzler das Wörtchen Nein beherrscht , wenn die Sprache auf Nord Stream 2 kommt.Schließlich hat die Ukraine die Chancen einer Regelung der Autonomie der Rebellengebiete auf Grundlage des Minsker Abkommens nicht wahrgenommen.

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  2. Pingback: Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer verdient unser aller Aufmerksamkeit – der Ukrainekrieg muss „eingefroren“ werden – schreibundsprich

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