Tanzen in Frankfurt (Oder) in der Tanzschule Golz-Glogener
Vorwort: Aurelius Augustinus setzte sich intensiv mit dem Tanz auseinander, den er zu den Künsten zählte. Wann immer die Zählbarkeit in der Bewegung, also der Rhythmus beachtet wird, bietet sich diese Kunst als Genuss dar und weist in die Innerlichkeit sowohl des Tänzers, als auch des Zuschauers. „Ich lobe den Tanz, denn er befreit den Menschen von der Schwere der Dinge, bindet den Vereinzelten zu Gemeinschaft. Ich lobe den Tanz, der alles fordert und fördert, Gesundheit und klaren Geist und eine beschwingte Seele.“
Oft hört man von Unternehmenspleiten und Betriebsschließungen. Selten spürt man unmittelbar die Folgen. Bei der letzten Zumbastunde hat Frau Golz-Glogener bekannt gegeben, dass sie und ihr Mann für ihre Tanzschule Insolvenz anmelden mussten. Der Zumbakurs, den ich seit 2015 besuche, wird nur noch bis Ende Februar stattfinden. Wir alle sind sehr betroffen.
Wir, das sind die Mitglieder einer fröhlichen, gut aufeinander eingestimmten Zumba-Fitness-Truppe, die so manches mal an ihrer strengen Lehrerin und ihren anspruchsvollen Anforderungen beinahe verzweifelt wären. Und doch waren wir immer dankbar, so hilfreiche, präzise und gut verständliche Hinweise zur Ausführung der Tänze und zu ihren charakteristischen Bewegungen zu erhalten.

Als studierte Tanzlehrerin weiß Frau Golz-Glogener auch um Verletzungsrisiken und kann mitunter nur mit einem Fingerzeig vorbeugen. „Tanzen lernt man beim Profi“ ist das Motto ihrer Tanzschule. So ist es!
Letztendlich war sie auf unsere körperliche und geistige Fitness bedacht, auf unseren Spaß an Bewegung und Tanz, auf unsere Körperhaltung und die damit verbundene Ausstrahlung. Das alles bei schwungvollen lateinamerikanischen Rhythmen. Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba – wunderbar!
Ich habe Frau Golz-Glogener immer mit Jutta Müller verglichen, der strengen Trainerin von Katharina Witt. Ein Lob für geglückte Tanzschritte und exakte Bewegungen aus berufenem Munde zählt mindestens doppelt, tut unsagbar gut und spornt an!
Schon 1984 lernte ich die engagierte Tanzlehrerin kennen. In der DDR war es üblich, dass Schüler der 8. Klasse zur Tanzstunde gehen. So auch meine Klasse, die Klasse 8a der 18. POS Franz-Mehring. Wir waren 14 und 15 Jahre alt. Ein bisschen geniert, die ganze Sache ein wenig ins Lächerliche ziehend, absolvierten wir die Tanzstunden bei Frau Golz im Kulturhaus „Haus am Berg“ in der Gubener Straße, bis hin zum Abschlussball im Kulturhaus „Völkerfreundschaft“.


Anfangs fuhr ich mit der Straßenbahn. Mit 15 Jahren hatte ich meinen Mopedführerschein und fuhr mit meiner hellgrünen Simson S 51 B, die ich über alles liebte, in einer Clique zur Tanzstunde. Einige Jungs unserer Klasse hatten eine silberfarbene S 51 Enduro mit ihrem charakteristischen schrägen Auspuff. Mit Hosen kamen wir mopedfahrenden Mädchen an und wechselten dann vor der Stunde zum Rock.
Mein Tanzpartner war Hardy, ein kleiner, blonder Lockenkopf. Ihm gelang übrigens nach seinem Abitur die Flucht aus der DDR über das damalige Jugoslawien, wo er zunächst eine geraume Zeit im Gefängnis saß. Hardy und ich waren etwa zwei Jahre zuvor übereingekommen, dass wir „miteinander gehen“. Für uns beide, zwei schüchterne Zeitgenossen, war diese Übereinkunft eine äußerst hemmende und die Dinge und unseren Umgang miteinander komplizierende Angelegenheit. Aber ich hatte einen Tanzpartner sicher, was nicht jedes Mädchen behaupten konnte, denn auf sechs Jungen kamen elf Mädchen. Neben dem Erlernen der Standarttänze wurde auf Körperhaltung und die Regeln des guten Benehmens sowie Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit der Herren gegenüber den Damen geachtet.
Im Jahr 2014, dreißig Jahre später, schlugen unsere Freunde Heidi und Rolf Henrich mir und Reinhart vor, zusammen einen Tanzkurs zu besuchen. Ich staunte nicht schlecht, als ich nach so langer Zeit Frau Golz-Glogener gegenüberstand.

Ihr Mann Renė Glogener und sie hatten sich 1993 den Traum einer eigenen Tanzschule erfüllt. Wir haben damals den Grundkurs belegt, denn keiner von uns meinte, auf die erworbenen Tanzfähigkeiten aus Jugendzeiten zurückzugreifen zu können. Der Kurs wurde zu einer Herausforderung. Er war anstrengend, vor allem aber machte er Spaß. Disziplin wurde erwartet. Es gab Regeln, deren Einhaltung Frau Golz-Glogener mit Bestimmtheit einforderte. Genauso aber hatten beide Tanzlehrer Verständnis und Geduld bei Schülern wie Reinhart zum Beispiel, dem der Rhythmus eher nicht in die Wiege gelegt wurde – was er bis heute heftig bestreitet.
Wir lernten neue Tanzschritte und trainierten so Körper und Geist. Besonders gern sahen alle die Präsentation des als nächstes zu erlernenden Tanzes vom Profipaar. Es war eine Augenweide, sie voller Leichtigkeit und Eleganz über die Tanzfläche gleiten zu sehen. Diese Ausstrahlung des sich harmonisch und rhythmisch bewegenden Paares war einfach hinreißend. Ich hätte stundenlang zusehen können und träumte dabei, eines Tages eine ähnlich gute Figur auf dem Parkett abzugeben.
Rolf „kniff“ nach dem Grundkurs zum Bedauern von Heidi. Reinhart und ich meldeten uns noch für den Aufbaukurs an. Als der vorbei war, wollte ich unbedingt weiter tanzen und Frau Golz-Glogener schlug mir ihren Zumbakurs vor. Seitdem bin ich nicht ohne Ehrgeiz dabei. Ich tanze einfach gern!
Die Coronakrise hatte der Tanzschule schon ordentlich zugesetzt. Wie viele Betriebe musste auch sie zeitweilig geschlossen werden.
Nicht wenige Menschen wurden durch die Ausgangsbeschränkungen in der Pandemie in eine gewisse Lethargie versetzt.
Zudem halten die meisten wegen der Ukrainekrise und der unglückseligen Politik der Bundesregierung ihr Geld zusammen. Sie geben es nur für wirklich notwendige Dinge aus, statt für Sport, Gesundheit und Freude. Energie und Lebensmittel sind einfach zu teuer geworden. Das hat dem kleinen Unternehmen den Todesstoß versetzt. Waren vor der Corona-, Ukraine- und Energiekrise die Kurse gut besucht bis ausgebucht, so brachen mit den Krisen die Anmeldungen ein.
Voller Hoffnung möchte ich aber auch unseren beiden Tanzlehrern sagen: In jeder Krise steckt ein Neubeginn.
In diesem Jahr wollten Charlotte Golz-Glogener und René Glogener das dreißigjährige Bestehen ihrer Tanzschule feiern.
Bettina Zarneckow
Nicht nur die Krisen machen deiner Stadt zu schaffen. Die Nähe zu Polen ist für viele Selbstständige ein Problem. In Polen ist eben alles billiger und die eigene Wirtschaft und kleinere Betriebe zu unterstützen, diese Einstellung haben nur wenige. Manche können sie sich auch spätestens jetzt nicht mehr leisten.
LikeGefällt 1 Person
Das ist richtig. die Stadt hat es wirklich schwer. Im Osten Polen, im Westen Berlin und Frankfurt dazwischen. Da hilft nur ein starker Lokalpatriotismus.
LikeLike
Liebe Bettina, deine Geschichte erinnert mich an unseren Urlaub in Ahlbeck oder besser an den in „Papa ante Portas“ dargestellten 80.Geburtstag der Schwiegermutter unseres gemeinsamen Freundes Loriot, der in der Gaststätte auf der Seebrücke begangen wurde. Sein Schwager beginnt eine Geburtstagsrede und verfällt dann sehr schnell in ein uns alle sehr erfreuendes Lob auf sich und seine Frau. Das als Erwiderung zu der bösen Kritik an meinem Taktgefühl. 🐘 Reinhart
LikeGefällt 1 Person
Hui, da ist es schon wieder 😉, lieber Reinhart.
LikeLike
Liebe Bettina, das hast Du wieder toll hinbekommen. ☺️ Ich erinnere mich noch verschwommen an meinen Tanzkurs bei Frau Golz-Glogener. Mit meiner besten Freundin Grit saßen wir auf den Stühlen vor Frau Golz-Glogener, die eine strenge Tanzlehrerin ist. Sie hat uns gezeigt, wie man steht: Die Füße leicht zusammen, aber versetzt. So und nicht anders. Als die allererste Partnerwahl anstand, war Damenwahl. Die Mädchen sollten sich einen Partner aussuchen, mit dem sie den gesamten Tanzkurs bestreiten. Grit und ich wollten gesetzt aufstehen und uns in aller Ruhe einen aussuchen. Ich frage mich, wie wir auf so eine Idee kommen konnten, wo doch eindeutig die Mädchen in der Überzahl waren. Als das Kommando „Los“ von Frau Golz-Glogener kam, standen wir langsam auf. Ehe wir uns versahen, war kein Junge mehr „übrig“. Verdutzt schauten wir uns an. Die Mädchen waren wie der Blitz auf einen „vorgemerkten“ Jungen zugestürzt und bewachten ihn, den zukünftigen Tanzpartner. Tja, das war es. Wir setzten uns dann wieder hin und mussten vom „Rand des Spielfeldes“ zuschauen. Aber in den nächsten Stunden hatten wir uns dann doch noch einen Tanzpartner „gesichert“. Ich hatte für den Rest des Kurses Michael Hofmann abbekommen, der rhythmisch und gut mit mir tanzte. Ich war sehr zufrieden. Grit hatte auch einen Jungen abbekommen. Ich weiß nicht mehr, ob ich noch zum Abschlussball kam. Das ist leider schon zu lange her … 💃
Mach weiter so, Bettina!
LikeGefällt 1 Person
Danke, liebe Camilla! Die Wiedergabe Deiner Erinnerungen ist aber auch sehr anschaulich und unterhaltsam. Eine Persönlichkeit wie Frau Golz-Glogener hinterlässt eben Eindruck. Ein Zurückdenken an vergangene Zeiten macht immer Freude.
LikeLike
Tanzschule in der 8. Klasse? Da musste ich mal nachdenken und als ich selbst keine Erinnerungen fand, hörte ich auch eine Klassenkameradin von damals. Sie war mit einem anderen Mädchen zu solche einem Kurs gegangen. Also war es – bei uns in Strausberg ‒ keine von der Schule oder dem „Klassenkollektiv“ organisierte Sache, sondern ein unabhängiges Angebot. Ich meine, da ich damals mit dem Training im Tanzensemble bereits voll ausgelastet war, habe ich mich nicht dafür angemeldet. Sicher waren auch die Jungs der achten Klasse noch nicht ausreichend interessant. 😉
Liebe Bettina, ich kann gut nachvollziehen, wie der von dir beschriebene hohe Anspruch der Tanzlehrerin dich anspornt und aufbaut. Das erinnert mich an unsere Ballettmeisterinnen im Tanzensemble. Ich finde es sehr schade, dass heutzutage immer nur vermeintlich (oder in Einzelfällen tatsächlich) negative Aspekte dieser Trainerstrenge öffentlich diskutiert werden. Ohne Disziplin und Strenge geht es weder im Leistungssport noch in der Kunst. Wenn Respekt und positiver Teamgeist die Basis sind, ist Strenge der Weg zu Erfolg und Zufriedenheit.
Für das Tanzlehrerpaar hoffe ich, dass sie sich anderen Aufgaben widmen können und/oder (das Alter haben sie wohl?) einen schönen Ruhestand leisten können.
Liebe Grüße! Anke
LikeGefällt 1 Person
Was die Trainingsstrenge betrifft, liebe Anke, so bin ich voll deiner Auffassung! Ich hatte auch nie ein Problem damit. Unsere ganze Trainingsgruppe nicht. Im Gegenteil, erst so kann man doch einen erzielten Erfolg erst ehrlich genießen. Frau Golz-Glogener und ihr Mann sind beide noch richtig fit. Es wäre äußerst schade, wenn sie ihre Erfahrungen und Kenntnisse nicht mehr weiter geben könnten. Wir werden sehen. Dankeschön, Anke und liebe Grüße an dich. Bettina
LikeGefällt 1 Person
Ergänzend: Bei uns war es im Rahmen der Jugendstunden in Vorbereitung auf die Jugendweihe. Es war von der Schule organisiert, aber niemand musste, wenn er nicht wollte. 💃👋🏻
LikeGefällt 1 Person
Jetzt hat WP einen Kommentar geschluckt. Ich hatte geschrieben, dass ich verwirrt bin, wann unter „schreibundsprich“ Bettina schreibt oder der Theologe aus Greifswald. Auf seinen St.-Petersburg-Bericht wollte ich nämlich sagen, dass meine Tochter nach 3 Jahren an der TU Dresden kurz vor der Wende 1 Jahr in Moskau studiert hat und dort von den Leuten so begeistert war, dass sie am liebsten dort bleiben wollte. Ihr seid übrigens ein Jahrgang. – Mein Enkel heißt wie die Kathedrale, er studiert an der Kunsthochschule Klavier und Tonmeister.
Und hier noch zwei Links: Tanzstunde https://chh150845.files.wordpress.com/2022/06/1206-tanzstundenball.jpg
Der andere bezieht sich auf dein Moped. In der Kulturbrauerei gab es eine Ausstellung „Alltag in der DDR“ – Gut??? Manches!!!https://chh150845.wordpress.com/2023/04/15/13-schnell-und-zuegig-mit-der-m10-fahren/
Aber jetzt Schluss – es gibt noch eine andere Welt als den Computer.
Gruß von mir, der Clara
Jetzt habe ich den Kommentar kopiert, falls er wieder abhaut
LikeGefällt 1 Person
Du hast recht. So ein Leben mit einem Blog kann ganz schön anstrengend werden. Schreiben, lesen und kommentieren kostet viel Zeit. Man muss sich seine Zeit wirklich einteilen. Einen schönen Sonntag noch, den wünscht dir Bettina.
LikeLike
Aber ich bin ja „Eine 24-Stunden-Freizeit-Haberin“
LikeGefällt 1 Person
Du hast mit deinem Blogabo eine kleine „Schnapszahl“ abbekommen – die liebe ich nämlich sehr. Wärst du 11 Anmeldungen später gekommen, wärst du die 444 – so bist du nur die 433 – aber ich freue mich trotzdem!
Gerade der heutige Blogbeitrag bei mir zeigt deutliche Unterschiede, die immer noch existieren.
LikeGefällt 1 Person