
Ein Mensch geht seinen Weg durchs Leben, mit Koffern, herzbefüllt. Sein Wunsch, den Reichtum zu verschenken, bleibt gänzlich unerfüllt. Wer mag schon derart viel Gefühl? Wie soll man's deponieren? Deshalb verschließt er sein Gepäck. Er würde doch erfrieren. Man fand ihn still auf einer Bank, die Koffer fest umschlungen. Kein Wort kam mehr aus seinem Mund. Sein Wünschen war verklungen. Bettina Zarneckow
Mit diesem Gedicht, das ich in Anlehnung an seine Gedichtreihe „Ein Mensch“ geschrieben habe, möchte ich an Eugen Roth erinnern. Und diejenigen, die ihn nicht kennen, auf ihn aufmerksam machen.
„Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon, der in München wohnt.“ Eugen Roth (1895-1976, deutscher Lyriker)
wurde ebendort geboren und lebte zeitlebens in der Stadt. Seine Gedichte und Geschichten habe ich vor vielen Jahren entdeckt, als ich eine nicht ganz einfache Zeit in meinem Leben durchstehen musste.
„Er war der Mann fürs Heitere, das er – wie kein Zweiter – im Ernst des Lebens fand.“ (Deutschlandfunk 24.01.2020). Seine Überzeugung war, dass aller Humor auf einer Grundtrauer beruht. Aber auch ernste Texte zählen zu dem, was er uns hinterlassen hat. In Zeiten, die wir gerade erleben, können Lebensweisheiten aus seiner Feder tröstende Ablenkung von bedrückenden Nachrichten des Alltags sein. Seine scheinbar leichten Verse haben einen wohltuenden Tiefgang. So empfinde ich es.
„Ein Mensch vergesse eines nicht: auch Unwägbares hat Gewicht!“ Eugen Roth
Bücher von Eugen Roth: „Ein Mensch“, „Sämtliche Menschen“, „Mensch und Unmensch“, „Mir geht’s schon besser, Herr Professor“
Trauriger Fall
Ein Mensch, der manches liebe Jahr
mit seinem Weib zufrieden war,
dann aber plötzlich Blut geleckt hat,
denkt sich: „Varietas delectat…“
Und schürt sein letztes, schwaches Feuer
zu einem wilden Abenteuer.
Jedoch bemerkt er mit Erbosen,
dass seine alten Unterhosen
ausschließlich ehelichen Augen
zur Ansicht, vielmehr Nachsicht taugen,
Und dass gewiss auch seine Hemden
ein fremdes Weib noch mehr befremden,
dass kurz in Hose, Hemd und Socken
er Welt und Halbwelt nicht kann locken.
Der Mensch, der innerlich noch fesche,
nimmt drum mit Rücksicht auf die Wäsche,
endgültig Abschied von der Jugend
und macht aus Not sich eine Tugend.
Eugen Roth
LikeLike
Danke für dein berührendes Gedicht und die Anregung. Eugen Roth, kann es sein, dass wir in der DDR ihn nicht kannten? Gefallen mir sehr, seine Sachen, auf die ich auch schon bei einem anderen Blog, jetzt nicht mehr aktiv, stieß. Liebe Grüße, Anke
LikeGefällt 2 Personen
Dankeschön! Zu DDR Zeiten war mir Eugen Roth kein Begriff. Nachdem ich zufällig seine Gedichte fand, verschenkte ich oft Bücher von ihm und allen Beschenkten ging es wie dir. Liebe Grüße, Bettina
LikeGefällt 2 Personen